Kryptowährungen sollen in der EU nachverfolgt werden können

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Kryptowährungen schienen bis vor kurzem eines der krisenfestesten Investments im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und der Auswirkungen auf die Wirtschaft zu sein. Der Kurs stieg von rund 6.000 Euro im März 2020 auf zwischenzeitlich über 50.000 Euro Anfang April[1], doch dann löste Elon Musk einen massiven Kursverfall aus, als er am 14. Mai auf Twitter ankündigte, Tesla würde Bitcoin nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptieren.[2] Verstärkt wurde der Sturzflug durch schlechte Nachrichten aus China. Die Zentralbank der Volksrepublik hatte unter anderem Banken untersagt, Transaktionen von Kryptowährungen zu unterstützen und verstärkte Kontrollmaßnahmen gegenüber Kryptobörsen und -händlern in Aussicht gestellt.[3]

Nun hat Musk kürzlich seine grundsätzlich positive Haltung gegenüber Kryptowährungen bekräftigt, bei der Branchenkonferenz „The B Word“ stellte er in Aussicht, dass Tesla Bitcoins „sehr wahrscheinlich“ wieder als Zahlungsmittel akzeptieren werde.[4]

EU will Kryptomarkt stärker regulieren

Neben der schlechten Umweltbilanz[5] stößt vor allem das Thema Anonymität auf Kritik: Abseits des regulierten Finanzmarktes werden Kryptowährungen häufig im Zusammenhang mit Ransomware oder anderen kriminellen Aktivitäten genutzt.[6] Das Bundeskriminalamt führt die Geldwäscheanfälligkeit eindeutig auf die fehlende bzw. mangelhafte Identifizierungsmechanismen zurück. Insbesondere bei ausländischen Kryptobörsen müsse häufig nur eine E-Mail-Adresse – und kein Klarname – angegeben werden.

Schon der 2020 vorgelegte Entwurf für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte[7] stellt eine stärkere Regulierung in Aussicht. Ein maßgeblicher Aspekt ist dabei, dass das anonyme Eröffnen bzw. Nutzen einer elektronischen Geldbörse („Wallet“) nicht möglich sein soll, sondern Kryptowerte EU-weit gänzlich nachverfolgbar sein sollen.[8] Vorgesehen sind auch weitere Möglichkeiten für die Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassene Kryptodienstleister mit Hauptsitz in einem anderen EU-Staat zur Benennung einer zentralen Anlaufstelle zu benennen. Das Gesetzgebungsverfahren dauert jedoch noch an.[9]

Die Europäische Kommission hat Anfang der Woche nun ein Paket von vier weiteren Gesetzesvorschlägen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgelegt.[10] Unter anderem soll hierfür eine neue EU-Behörde eingerichtet werden.[11] Insbesondere die Regelungen für Transaktionen mit Kryptowerten sollen zudem erweitert werden: Zusätzlich zu der schon jetzt unter der fünften Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche für Betreiber von Wechselstuben für virtuelle Währungen und Anbieter elektronischer Geldbörsen geltenden Pflicht, die Kunden im Rahmen der „üblichen Sorgfaltspflichten“ für Finanzhäuser zu kontrollieren[12], müssen künftig noch weitere Anforderungen beachtet werden. Auch wird der Anwendungsbereich der EU-Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf den gesamten Krypto-Sektor ausgeweitet; derzeit werden nur bestimmte Kategorien von Krypto-Dienstleistungsanbietern erfasst.[13] Zusätzlich soll eine EU-weite Barzahlungsobergrenze von 10.000 Euro eingeführt werden, um Geldwäsche zu untersagen.

Singapur als neues Krypto-Mekka?

Auch international wird die Anonymität des Kryptohandels zunehmend eingeschränkt. Viele Länder greifen inzwischen stärker durch und setzen dem Geschäft mit Bitcoin und Co. deutliche Grenzen. Neben China, den USA und der EU verfolgen zahlreiche weitere Staaten einen strengeren rechtlichen Rahmen.[14]

Kryptofirmen aus Hongkong wenden sich nun stattdessen Singapur zu.[15] Der Stadtstaat will die Branche mit Rechtssicherheit und Offenheit für Innovation anlocken. Unternehmen müssen sich bei er Finanzaufsicht MAS um eine „Kryptolizenz“ bewerben. Die Branche soll aus der rechtlichen Grauzone geführt werden, gleichzeitig soll aber auch eine effektive Aufsicht der Branche gewährleistet werden. Die Kryptowährungen seien nicht das Problem, vielmehr müssten die Risiken krimineller Aktivitäten für den gesamten Finanzsektor minimiert werden.[16]

Ist der Boom vorbei?

Die starke Volatilität und die ungewisse Zukunft machen Bitcoin zu einem Risiko für Anleger und wenn man manchen Prophezeiungen Glauben schenken darf, ist das Ende der Kryptowährungen lediglich eine Frage der Zeit.[17] Die grundsätzliche Idee von dezentralen Währungen, die Unabhängigkeit von Regierungen, Banken und anderen Institutionen versprechen, wird wohl Bestand haben. Welche der unzähligen Währungen sich – auch vor dem Hintergrund geplanter staatlicher Kryptowährungen – tatsächlich langfristig werden durchsetzen können, wird sich zeigen. Die zunehmenden Regulierungsbemühungen zeigen jedoch, dass die Ära des „Wilden Westens“ der Kryptowährungen vorbei sein dürfte.


[1] Der bisherige Höchststand wurde am 14. April 2021 mit rund 54.000 Euro erreicht, vgl. Schleim, War’s das mit den Kryptowährungen?, Heise Online, 24.05.2021.

[2] Vgl. Kramer/Schnurer, Elon Musk schickt Bitcoin auf Talfahrt, Heise Online, 06.06.2021, dort auch zum Folgenden.

[3] Vgl. Schleim, Härteres Vorgehen in China: Kryptowährungen unter Druck, Heise Online, 24.06.2021.

[4] Vgl. Elon Musk treibt Bitcoin-Kurs mal wieder nach oben, FAZ.de, 22.07.2021.

[5] Für Hintergründe vgl. Scheppe, Wie klimaschädlich sind Kryptowährungen – und wie grün können sie werden?, Handelsblatt.de, 29.06.2021.

[6] Vgl. Littmann, Der Bitcoin bleibt schmutzig, WiWo.de, 30.04.2021, dort auch zum Folgenden.

[7] COM(2020) 593 final, 24.09.2020.

[8] Vgl. Krempl, Geldwäsche: Bitcoin & Co. sollen in der EU vollends nachverfolgt werden können, Heise Online, 20.07.2021, dort auch zum Folgenden.

[9] Zum aktuellen Stand siehe Procedure 2020/0265/COD.

[10] Vgl. Europäische Kommission, Kampf gegen Finanzkriminalität: Kommission überarbeitet Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Pressemitteilung vom 20.07.2021.

[11] COM(2021) 421 final, 20.07.2021.

[12] Vgl. Krempl, EU: Schärfere Regeln gegen Geldwäsche und anonymen Kryptogeldkauf, Heise Online, 09.07.2018.

[13] Vgl. Europäische Kommission, Kampf gegen Finanzkriminalität: Kommission überarbeitet Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, Pressemitteilung vom 20.07.2021, dort auch zum Folgenden.

[14] Vgl. für einen Überblick Feldzug gegen Bitcoin: Welche Länder durchgreifen – und welche profitieren wollen, Handelsblatt.de, 03.07.2021.

[15] Vgl. Peer, Druck auf Digitalwährungen zeigt Wirkung: Die Krypto-Branche flieht nach Singapur, Handelsblatt.de, 21.07.2021, dort auch zum Folgenden.

[16] Vgl. Hein, Anleger tragen immer mehr Geld nach Asien, FAZ.net, 03.07.2021.

[17] Ausführlich: Schleim, War’s das mit den Kryptowährungen?, Heise Online, 24.05.2021; Frohn, „Die Mutter aller Crashs“? Was für das Ende des Kryptobooms spricht – und was dagegen, WiWo.de, 24.06.2021.

Sämtliche Links wurden zuletzt am 22.07.2021 abgerufen.