Wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit des Vertriebs der Adblocker-Software „Adblock Plus“

Gericht

LG Frankfurt a.M.

Datum

26.11.2015

Aktenzeichen

3/6 O 105/15

Branche/ Lebenslage

  • Internet,
  • Werbeblocking,
  • Ad-Block,
  • Whitelisting,
  • Blacklisting

Akteure

  • Werbeblocker-Vertreiber,
  • Webseiten-Betreiber

Wer haftet?

  • Werbeblocker-Vertreiber

Haftungsart

  • Unterlassung

Haftungsumfang

  • Unterlassung,
  • Verfügung,
  • Verfahrenskosten

Haftungsbegründendes Verhalten

Entwicklung und Vertrieb eines Softwareprogramms (Ad-Blocker) zur Unterdrückung von Werbeinhalten auf den Internetseiten des Webseiten-Betreibers

Technische Umstände

Unterdrückung der eingebetteten Werbung behindert in unzulässiger Weise das auf Werbung basierende Geschäft des Webseiten-Betreibers

Persönliche Umstände

Der Werbeblocker-Vertreiber behinderte gezielt die durch Werbung finanzierten Webseiten-Betreiber

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Der Vertrieb von Werbeblockern, insbesondere in Verbindung mit „Whitelist“-Angeboten, nach denen Webseiten über eine Gewinnbeteiligung von der Blockade befreit werden können, birgt ein erhöhtes Haftungsrisiko

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Der Kläger (Webseiten-Betreiber) wendete sich gegen die Zurverfügungstellung eines sog. „Ad-Blockers“, durch dessen Installation Internetnutzer Werbeinhalte von Webseiten blockieren können. Der Ad-Blocker wurde im Zusammenhang mit einer sog. „Whitelist“ vertrieben. Über die „Whitelist“-Funktion können für bestimmte Webseiten Werbeanzeigen von der Blockade ausgenommen werden. Diese Freischaltung kann entweder durch die Nutzer selbst erfolgen oder durch den Werbeblockbetreiber voreingestellt (meist gegen finanzielle Gegenleistung der betroffenen Seiten) werden.

Das Gericht entschied zu Gunsten des Klägers und untersagte dem Beklagten einstweilig den weiteren Vertrieb des Ad-Blockers. Das Unterbinden von Werbeinhalten auf fremden Webseiten sei eine unzulässige Behinderung der Wettbewerber:

Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass durch den Werbeblocker der Antragsgegnerin in ihre digitalen Angebote unter [Internetadresse] eingegriffen und ihr damit in erheblichem Maße Werbeeinnahmen entgehen, die zur Finanzierung der digitalen Angebote notwendig sind.

Die gezielte Ausschaltung fremder Werbung ist regelmäßig unlauter.

ANMERKUNGEN

Es handelt sich um eine einstweilige Verfügung des Gerichts. Eine umfassende Auseinandersetzung mit den sich stellenden Rechtsfragen ist daher nicht erfolgt.

Das Gericht lehnte sich in der Beurteilung der Unlauterkeit der Werbeunterdrückung an die „Fernseh-Fee“-Entscheidung des BGH an (BGH, 24.06.2004, I ZR 26/02) und bejahte eine „gezielte Behinderung“ im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG (heute: § 4 Nr. 4 UWG). In der BGH-Entscheidung ging es allerdings um die Blockade im Fernsehen geschalteter Inhalte.

Entwicklung: Aufgrund der wenigen Entscheidungen zum Werbeblocking lässt sich eine Tendenz der Gerichte nur schwer ausmachen. Der BGH, dem der vorliegende Fall zur Entscheidung vorlag, könnte insoweit in einer Grundsatzentscheidung für Klarheit sorgen: Der BGH hielt das sog. „Whitelisting“ für problematisch, aber genauso wie den Vertrieb des Werbeblockers an sich nicht für grundsätzlich unzulässig. Die Urteilsgründe sind gegenwärtig noch nicht veröffentlicht, vgl. Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle, Nr. 78/218.

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