Im Rahmen der Störerhaftung von Internetanschlussinhabern bei Nutzungsmöglichkeit des Anschlussses durch minderjährige Kinder sind diese ausreichend über die mögliche Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Internettauschbörsen zu belehren

Gericht

LG Frankfurt

Datum

12.04.2007

Aktenzeichen

2/03 O 824/06

Branche/ Lebenslage

  • Störerhaftung,
  • File-Sharing,
  • Überwachungspflichten von Kindern und Jugendlichen,
  • Internetanschlussinhaber,
  • Minderjährige

Akteure

  • Urheberrechtsinhaber,
  • Internetanschlussinhaber,
  • Minderjährige

Wer haftet?

  • Internetanschlussinhaber

Haftungsart

  • Unterlassungsanspruch,
  • Abmahnung

Haftungsumfang

  • Verfahrenskosten,
  • Abmahnkosten / Anwaltskosten

Haftungsbegründendes Verhalten

bloße Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an Dritte

Technische Umstände

Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Daten

Persönliche Umstände

Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch Dritte

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Belehrungs- bzw. Instruktionspflicht gegenüber Minderjährigen einhalten; Ergreifen technischer Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Rechtsverletzungen durch Dritte

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Ein Computerspiel wurde nach Vervielfältigung durch Download vom privaten Internetanschluss des Beklagten über ein Filesharing-System der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Der Anschlussinhaber hat für die Rechtsverletzung nach den Grundsätzen der Störerhaftung einzustehen, unabhängig davon, ob er die Dateien selbst oder ein Dritter am Rechner des Beklagten zum Download in der Tauschbörse angeboten hat.

Als Störer haftet, wer – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat.

Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (juris Rn. 27) .

Indem der Beklagte Dritten den Internetzugang ermöglichte, handelte er adäquat kausal für die Schutzrechtsverletzung.

Das Landgericht bejaht die Adäquanz hier auch unter Bezugnahme auf den allgemeinen Anstieg von Urheberrechtsverletzungen über das Internet.

Das Überlassen eines Internetzugangs an einen Dritten birgt die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit, dass der Dritte Urheberrechtsverletzungen begeht. Jede Zurverfügungstellung eines Internetanschlusses löst somit Prüf- und ggf. Handlungspflichten aus, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen.

Das gelte insbesondere bei der Überlassung des Zugangs an Minderjährige, da sich bei diesen eventuell noch kein entsprechendes Unrechtsbewusstsein herausgebildet hat.

ANMERKUNGEN

Gegenüber minderjährigen Familienmitgliedern trifft den Anschlussinhaber eine Instruktions- bzw. Belehrungspflicht. Die Haftung eines Anschlussinhabers für Rechtsverletzungen minderjähriger Kinder war insbesondere Gegenstand der „Morpheus“-Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – NJW 2013, 1441 – Morpheus; bestätigt und fortgeführt durch BGH v. 11.06.2015 – I ZR 7/14 – CR 2016, 399 – Tauschbörse II). Danach genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Ge- und Verbote befolgt, bereits dann, wenn sie das Kind über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten. Eine allgemeine Belehrung zu ordentlichem Handeln genügt jedoch nicht. Eine Überwachung des Kindes ist grundsätzlich – außer es bestehen entsprechende Anhaltspunkte – nicht angezeigt.

Darüber hinaus muss der Anschlussinhaber wirksame Maßnahmen zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen auch in technischer Hinsicht ergreifen.

In diesem Zusammenhang ist auf die „Sommer unseres Lebens“-Rechtsprechung des BGH zu verweisen (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Leitsatz, juris Rn. 20, Rn. 23 – NJW, 2010, 2061 – Sommer unseres Lebens). Danach haftet der Anschlussinhaber dann als Störer auf Unterlassung, wenn er es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden.

Hervorzuheben sind schließlich noch die Ausführungen des Gerichts, wonach sich die Prüf- und Handlungspflichten des Anschlussinhabers nicht darauf erstrecken, bereits die Installation von Filesharing-Systemen, Email-Programmen oder Chatsoftware in jedem Fall zu verhindern. Denn diese könnten jeweils auch für rechtmäßige Ziele verwendet werden.

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