Gericht
LG Hamburg
Datum
11.01.2013
Aktenzeichen
308 O 442/12
Branche/ Lebenslage
- WLAN,
- ungesichertes WLAN,
- Verschlüsselung,
- Störerhaftung,
- illegales File-Sharing,
- illegales Filesharing,
- Unterlassungserklärung
Akteure
- Urheberrechtsinhaber,
- Internetanschlussinhaber
Wer haftet?
- Internetanschlussinhaber
Haftungsart
- Störerhaftung,
- Unterlassen
Haftungsumfang
- Verfahrenskosten
Haftungsbegründendes Verhalten
Unterhaltung eines Internetanschlusses und unzureichende Sicherung des Netzwerks
Technische Umstände
Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Daten
Persönliche Umstände
zu eng gefasste Unterlassungsverpflichtungserklärung, welche sich lediglich auf eine täterschaftliche Begehung bezieht
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Ausreichende Sicherung des WLAN; gegebenenfalls Unterlassungserklärung abgeben, die sich auch auf Störerhaftung bezieht
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Über das nicht passwortgeschützte WLAN der Beklagten wurde eine urheberrechtlich geschützte Musikdatei im Wege des Filesharings anderen Nutzern im Internet öffentlich zugänglich gemacht.
Die Anschlussinhaberin hat daraufhin eine Unterlassungserklärung abgegeben, die sich jedoch nur auf eine (Mit-)Täterschaft bezog.
Zunächst stellt das Gericht fest, dass die Anschlussinhaberin nicht als Täterin in Betracht kommt. So hat sie die tatsächliche Vermutung, als Inhaberin des Internetanschlusses als Täter verantwortlich zu sein, wirksam erschüttert und ist damit ihrer sog. sekundären Darlegungslast nachgekommen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens). Zum einen hat ihr Ehemann versichert, dass weder er noch die Beklagte die Verletzungshandlungen vorgenommen hätten. Zum anderen handelte es sich bei dem betriebenen Netzwerk um einen offenen, also ungeschütztes WLAN. Insbesondere aus letzterem Umstand folge die ernsthafte Möglichkeit, dass ein Dritter den Anschluss zur Begehung einer Urheberrechtsverletzung genutzt hat.
In Betracht kommt jedoch eine Inanspruchnahme im Rahmen der sog. Störerhaftung.
Als Störer kann grundsätzlich haften, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern er die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung der Verletzung gehabt hätte. Um die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die den jeweiligen Eingriff nicht selbst vorgenommen haben, haftet der Störer jedoch nur im Falle der Verletzung sogenannter Prüfpflichten (dazu: BGH, Urt. v. 30.6.2009 – VI ZR 210/08, Absatz-Nr. 18, www.bundesgerichtshof.de) […] (juris Rn. 6) .
Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Nach der „Sommer unseres Lebens“-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08) haftet der Internetanschlussinhaber als Störer, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen anzuwenden, wenn in der Folge Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um Urheberrechtsverletzungen zu begehen.
Diese widerrechtliche Nutzung begründe darüber hinaus die Vermutung einer Wiederholungsgefahr. Um diese und den aus ihr resultierenden Unterlassungsanspruch auszuräumen, wäre die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten, vorbehaltlosen und hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich gewesen. Die von der Beklagten abgegeben Unterlassungserklärung bezog sich jedoch nur auf eine etwaige (Mit-)Täterschaft. Die Haftung als Störer stelle allerdings kein von dieser Erklärung umfasstes „Minus“ zu täterschaftlichen Haftung dar, sondern vielmehr ein aliud.
Eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung des Internet-Anschlussinhabers als Betreiber eines offenen WLAN-Netzes, die sich lediglich auf die täterschaftliche Begehung bezieht, reicht daher nicht aus, um die Wiederholungsgefahr nach den Grundsätzen der Störerhaftung auszuräumen (juris Rn. 13, Orientierungssatz).
ANMERKUNGEN
Die vorliegende Entscheidung des LG Hamburg befasst sich insbesondere mit der Eignung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung des Internet-Anschlussinhabers zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr. Das Gericht stellt dabei fest, dass eine Unterlassungserklärung, die sich nur auf eine täterschaftliche Begehung bezieht, nicht ausreicht. Vielmehr ist, sofern die Vermutung einer Täterschaft erst einmal entkräftet ist, eine etwaige Unterlassungserklärung entsprechend anzupassen (vgl. hierzu Rössel, ITRB 2013, 104).
Zu erwähnen bleibt weiterhin, dass der Betrieb eines öffentlichen WLAN künftig der Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 3 TMG – auch im Hinblick auf die Störerhaftung – unterfallen wird. Danach kann der Anbieter eines öffentlichen WLAN grundsätzlich weder auf Schadensersatz noch Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. jedoch Möglichkeit der Netzsperre nach § 7 Abs. 4 TMG).