Gericht
LG Berlin
Datum
28.07.2015
Aktenzeichen
15 S 5/15
Branche/ Lebenslage
- Sekundäre Darlegungslast,
- Anschlussinhaber,
- Internetanschluss,
- illegales File-Sharing,
- Kind,
- Eltern,
- Familie,
- Dritte,
- Störerhaftung,
- Namensnennung,
- Nachforschungen,
- Nachforschungspflicht
Akteure
- Urheberrechtsinhaber,
- Internetanschlussinhaber,
- Dritte
Wer haftet?
- Grds. Internetanschlussinhaber
Haftungsart
- Als Täter
Haftungsumfang
- Schadensersatz
Haftungsbegründendes Verhalten
Bloße Unterhaltung eines Internetanschlusses
Technische Umstände
Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Dateien
Persönliche Umstände
Tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast erfüllen
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Über das WLAN der Beklagten wurde eine urheberrechtlich geschützte Datei im Wege des Filesharings im Internet öffentlich zugänglich gemacht.
Das Landgericht bejaht eine Verantwortlichkeit der Internetanschlussinhaberin als Täterin. Das Landgericht bezieht sich in seinen Ausführungen sodann auf die BearShare-Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 08.01.2014 – I ZR 169/12). Danach spricht zunächst im Fall einer im Wege des Filesharings über einen bestimmten Internetanschluss begangenen Urheberrechtsverletzung eine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Internetanschlussinhabers. Diesen trifft sodann (um der Haftung als Täter zu entgehen) eine sog. sekundäre Darlegungslast. Dieser entspricht der Anschlussinhaber dadurch, dass er vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Zusammenhang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens).
Nach Ansicht des LG Berlin genügt es aber nicht, lediglich anzugeben, wer im Haushalt lebt und ebenfalls den Internetzugang (allgemein) nutzt. Falls erforderlich, hat der Anschlussinhaber eigene Ermittlungen vorzunehmen, welcher Rechner zur Tatzeit online war und/oder auf welchem eine entsprechende Filesharing-Software installiert war. Auch seien die Haushaltsangehörigen hinsichtlich der Rechtsverletzung zu befragen. Wenn sich der Anschlussinhaber insoweit nicht erkundige, bestreite er unzulässig ins Blaue hinein. Lediglich nahestehende Personen wie Familienangehörige müssten nicht „ans Messer geliefert“ werden (juris Rn. 7).
Der Internetanschlussinhaber haftet in solchen Fällen letztlich als Täter, da er der ihm obliegenden Nachforschungspflicht nicht gerecht wird (juris Rn. 6).
Darüber hinaus stellt das Gericht fest, dass § 383 ZPO (Zeugnisverweigerung aus persönlichen Gründen) einer weitergehenden prozessualen Würdigung eines Stillschweigens grundsätzlich nicht entgegensteht. Die Anschlussinhaberin als Prozesspartei unterliegt vielmehr der prozessualen Wahrheitspflicht und den allgemeinen Beweislast- und Prozessrisiken, welche bei einer Mitwirkungsverweigerung dennoch etwa über eine Vermutungswirkung gegen sie als Anschlussinhaberin wirken können. „Es ist also die Entscheidung der beklagten Partei, ob sie Nachforschungen in ihrem Haushalt anstellt und das Ergebnis in den Prozess einführt oder sie die prozessuale Konsequenzen trägt, indem sie untätig bleibt bzw. zum Schutz der Familie schweigt“ (juris Rn. 8).
ANMERKUNGEN
Das Landgericht Berlin äußert sich vorliegend zur Vermutungswirkung zu Lasten des Internetanschlussinhabers und ihm obliegenden sekundären Darlegungslast. Dieser wird mit dem Vortrag Genüge getan, welche anderen Personen selbständigen Zugang zu dem Internetanschluss hatten und als Täter der Urheberrechtsverletzung in Betracht kommen. Dabei besteht eine Verpflichtung des Internetanschlussinhabers zu Nachforschungen im Rahmen des Zumutbaren.
Zu den konkreten Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast sei auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwiesen:
BGH, Urt. v. 08.01.2014 – I ZR 169/12 – BearShare,
BGH, Urt. v. 11.06.2015 – I ZR 75/14 – Tauschbörse III,
BGH, Urt. v. 06.10.2016 – I ZR 154/15 – Afterlife.