Gericht
AG Frankfurt a.M.
Datum
25.03.2010
Aktenzeichen
30 C 2598/08-25
Branche/ Lebenslage
- Internetanschlussinhaber,
- WLAN,
- Überwachungspflicht,
- Störerhaftung,
- Dritte,
- Überlassung
Akteure
- Urheberrechtsinhaber,
- Internetanschlussinhaber,
- Dritte
Wer haftet?
- Grundsätzlich der Internetanschlussinhaber; im konkreten Fall allerdings nicht, da er nicht ohne weitere Anhaltspunkte zur Überwachung von Dritten verpflichtet ist
Haftungsart
Grundsätzlich Unterlassungsanspruch, hier (-)
Haftungsumfang
- Verfahrenskosten, Abmahnkosten, hier (-)
Haftungsbegründendes Verhalten
Bloße Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an Dritte
Technische Umstände
Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich geschützten Dateien
Persönliche Umstände
Vermeintliche Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch Dritte, hier (-)
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Pflicht zur Unterweisung und Überwachung von Dritten, denen man Zugang zum eigenen Internetanschluss überlässt, besteht nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Nutzer den Zugang zu einer Rechtsverletzung missbrauchen werde.
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Laut Vortrag der Rechteinhaberin sind über den Internetanschluss (durch den Anschlussinhaber) urheberrechtlich relevante Musikdateien anderen Internetnutzern im Rahmen des Filesharings über eine Online-Tauschbörse angeboten worden.
Sie begehrt deshalb vom Anschlussinhaber die Zahlung von Schadensersatz und Ersatz der angefallenen Abmahnkosten.
Die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung wurde jedoch nachweislich von einem Freund des Beklagten, dem dieser seinen Internetzugang zur Benutzung überlassen hat, vorgenommen. Damit stand fest, dass die Verletzungshandlung von einem Dritten und nicht dem beklagten Anschlussinhaber begangen wurde, sodass eine verschuldensabhängige Schadensersatzhaftung desselben ausscheidet.
Auch eine Haftung des Anschlussinhabers als Störer aufgrund der Überlassung des Internetanschlusses an den Dritten und einer Verletzung von etwaigen Prüfpflichten kommt nicht in Betracht.
So besteht nicht bereits deshalb Anlass, nahestehende Personen bei der Benutzung eines Internetanschlusses zu überwachen, nur weil Urheberrechtsverletzungen im Internet häufig vorkommen und die Medien darüber umfangreich berichtet haben. Eine Pflicht zur Unterweisung und Überwachung des Nutzers trifft den Anschlussinhaber bei der Überlassung des Internetanschlusses an Dritte erst und nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Dritte den Anschluss zur Rechtsverletzung missbrauchen wird.
Solche Anhaltspunkte liegen vor, wenn dem Anschlussinhaber frühere Verletzungen gleicher Art durch den Nutzer oder andere Hinweise auf eine Verletzungsabsicht bekannt sind oder bekannt sein müssten (juris Rn. 14).
ANMERKUNGEN
Das Amtsgericht Frankfurt a.M. konstatiert eine Überwachungspflicht des Internetanschlussinhabers bei einer Nutzungsgewährung gegenüber einem Dritten nur bei konkreten Anhaltspunkten dafür, dass dieser eine Verletzungshandlung vornehmen werde. Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des OLG Frankfurt (Beschl. v. 20.12.2007 – 11 W 58/07) an.
Dieses hatte sich mit der Instruktions- und Überwachungspflicht gegenüber Familienangehörigen zu befassen.
Die Ansicht des OLG Frankfurt a.M. wurde insbesondere durch den BGH mit Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12 – Morpheus bestätigt. Dort konkretisiert der Gerichtshof den Umfang gegenüber Minderjährigen bestehender Hinweis- und Prüfpflichten.
Bezüglich einer Überlassung des Internetzugangs an volljährige Dritte sei insbesondere auf die Entscheidung BGH, Urt. v. 12.05.2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook verwiesen.