Gericht
AG Brandenburg
Datum
22.04.2002
Aktenzeichen
32 C 619/99
Branche/ Lebenslage
- Rechtsanwaltskanzlei,
- Löschung von Daten
Akteure
- Klagender Rechtsanwalt,
- beklagter Rechtsanwalt
Wer haftet?
- Klagender Rechtsanwalt
Haftungsart
Schadensersatz
Haftungsumfang
- Schadensersatz
Haftungsbegründendes Verhalten
Unbefugte Löschung von elektronischen Daten
Technische Umstände
Die Löschung von Daten verhindert jegliche Möglichkeit mit diesen zu arbeiten, insbesondere zu erkennen, welche Daten und von wem sie gelöscht wurden
Persönliche Umstände
Die Anweisung an eine Rechtsfachangestellte, Daten auf dem Arbeitscomputer der Kanzlei zu löschen, war wegen fehlender ausdrücklicher Befugnis hierzu grob fahrlässig
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Die Löschung von Daten sollte grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Berechtigten stattfinden, ansonsten besteht ein hohes Haftungsrisiko
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Der Kläger wendet sich gegen den Beklagten, weil dieser die Löschung von Daten veranlasst hatte, indem er eine Rechtsanwaltsfachangestellte zur Löschung der Daten anwies. Die Löschung war vom Kläger weder gewünscht noch genehmigt worden. Das Gericht sprach dem Kläger daher einen Schadensersatz zu:
Die von dem Beklagten als Aufrechnung geltend gemachte Schadenersatzforderung […] hat […] bewirkt, dass diese Forderung des Klägers [Vergütungsanspruch aus Vertrag] nunmehr als erloschen gilt (§ 389 BGB). Im vorliegenden Fall kommen nämlich zugunsten des Beklagten Ansprüche aus Schadenersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB sowie aus positiver Vertrags-/Forderungsverletzung in Betracht.
Insofern ließ es das Gericht dahingestellt, ob der Kläger bewusst die Rechtsanwaltsfachangestellte zur Löschung der Textdateien des Beklagten angewiesen hatte, mit der Begründung, dass
es jedenfalls zumindest grob fahrlässig war, überhaupt einer Rechtsanwaltsgehilfin zu sagen, dass diese alle Textdateien löschen solle und hierzu der Computer-Befehl: „DeL .txt“ verwendet werden sollte
Über diese Textdateien verlor der Beklagte insofern nämlich jegliche Kontrolle. Er konnte auch nicht mehr feststellen, wann, wer und wie diese Daten in welcher Form und für welche Zwecke verwendet. Die Situation verschärft sich noch dadurch, dass der Beklagte nicht einmal mit Sicherheit weiß, welche Daten kopiert und anschließend in seiner Computer-Anlage gelöscht worden sind und welche Daten ggf. nur gelöscht wurden.
Die Eingabe des Befehls „DeL .txt“ war somit die wesentliche Ursache dafür, dass der Beklagte eine Firma damit beauftragen musste, die Dateien wiederherzustellen, wobei im Übrigen ein großer Teil der Dateien gar nicht mehr wiederhergestellt werden konnte.
ANMERKUNGEN
Der Kläger verlangte mit seiner Klage Zahlung der Vergütung aus einem Dienstvertrag an sich. Im Rahmen einer durch den Beklagten ausgesprochenen Aufrechnung hatte das Gericht einen gegenläufigen Schadensersatzanspruch wegen der unbefugten Löschung von Daten zu prüfen.
Schadensberechnung: Der Schadensberechnung wurden die Kosten der Beauftragung eines Unternehmens zur Feststellung des Problems sowie der (teilweisen) Wiederherstellung der Daten zu Grunde gelegt. Etwaige ausgebliebene Gewinne o.ä. wurden nicht vorgetragen.
Haftungsrisiko: Neben der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung kann bei unbefugter Löschung von elektronischen Daten immer auch eine strafrechtliche Haftung ausgelöst werden (z.B. § 303a StGB).
Beweislast: Nach Feststellung der positiven Vertragsverletzung trifft den Verpflichteten die Darlegungslast, hierfür nicht verantwortlich zu sein. Im vorliegenden Fall konnte ein entsprechender Nachweis nicht erbracht werden.