Gericht
BGH
Datum
14.02.2012
Aktenzeichen
3 StR 392/11
Branche/ Lebenslage
- Handy,
- Suche nach gespeicherten Bildern,
- Entwenden eines Mobiltelefons,
- gespeicherte Bilddateien,
- Raub,
- räuberische Erpressung,
- Zueignungsabsicht
Akteure
- Täter,
- Opfer
Wer haftet?
- Grundsätzlich Täter; hier jedoch nicht wegen Raubes oder räuberischer Erpressung
Haftungsart
- Freiheitsstrafe oder Geldstrafe
Haftungsumfang
- –
Haftungsbegründendes Verhalten
Begehung einer Straftat; hier zumindest kein Raub oder eine räuberische Erpressung
Technische Umstände
–
Persönliche Umstände
Vorsätzliches, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
–
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Im vorliegenden Fall wurde zum Zwecke des Durchsuchens und Kopierens von Bilddateien einer Person ein Handy gewaltsam weggenommen. Eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung liegt sowohl nach den Feststellungen der Vorinstanz als auch des BGH vor.
Zu entscheiden hatte der Bundesgerichtshof insbesondere darüber, ob die gewaltsame Wegnahme eines Mobiltelefons zwecks Durchsuchens und Kopierens von Bilddateien als Raub (§ 249 StGB) oder räuberische Erpressung (§§ 253 Abs. 1, 255 StGB) einzustufen ist. Der Gerichtshof hat beides verneint:
Es fehle an dem für eine Aneignung i.S.d. § 249 StGB erforderlichen Willen des Täters, den Bestand seines Vermögens oder den eines Dritten zu ändern, wenn er das Nötigungsmittel nur zur Erzwingung einer Gebrauchsanmaßung einsetzt, oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (Rn.4, Orientierungssatz 1).
Das gelte auch dann, wenn der Täter bei der gewaltsamen Wegnahme beabsichtigt, den Speicher des Mobiltelefons zu durchsuchen und die dabei gefundenen Bilddateien zu kopieren. Das führe nicht zu deren Verbrauch (Bestätigung BayObLG München, Beschl. v. 12.12.1991, RReg 4 St 158/91), sodass keine Wertminderung eintrete. In diesem Fall komme auch eine Strafbarkeit wegen räuberischer Erpressung nicht in Betracht, wenn der Täter den mit der Tat verbundenen, im Besitz des Mobiltelefons liegenden Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf andere Zwecke gerichteten Verhaltens hinnimmt (juris Rn. 4, 5, Orientierungssatz 2).
ANMERKUNGEN
Nach der Rechtsprechung des BGH scheidet eine Strafbarkeit nach § 249 StGB aus, wenn der Täter eine Sache durch Anwendung qualifizierter Nötigungsmittel wegnimmt, um eine Gebrauchsanmaßung zu erzwingen oder wenn er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“, „beiseite zu schaffen“, „zu beschädigen“, sie als Druckmittel zur Durchsetzung einer Forderung zu benutzen oder um den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (m. w. N. Wittig, in: BeckOK StGB § 249 Rn. 9-9.1).
Eine Strafbarkeit nach § 255 StGB kommt dann in Betracht, wenn dem Gebrauch ein wirtschaftlicher Wert zukommt. Das hat der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall mit den oben genannten Argumenten abgelehnt.
Die vorliegende Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur auf ein eher kritisches Echo gestoßen (vgl. nur Putzke, ZJS 2013, 311; Jäger, JA 2012, 709; zustimmend jedoch Hecker, JuS 2013, 468).