Gericht
AG Hamburg
Datum
24.06.2014
Aktenzeichen
25b C 924/13
Branche/ Lebenslage
- WLAN,
- Internetanschlussinhaber,
- Vermieter,
- Verschlüsselung,
- Täter,
- täterschaftliche Haftung,
- Störerhaftung,
- Schutzmaßnahmen,
- WPA-2 Verschlüsselung
Akteure
- Urheberrechtsinhaber,
- Internetanschlussinhaber/Vermieter,
- Mieter
Wer haftet?
- Grundsätzlich Anschlussinhaber, hier (-)
Haftungsart
- Störerhaftung,
- Unterlassungsanspruch, hier (-)
Haftungsumfang
- Abmahnkosten/Anwaltskosten,
- Verfahrenskosten, hier (-)
Haftungsbegründendes Verhalten
Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an Dritte
Technische Umstände
Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Dateien
Persönliche Umstände
Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch Dritte, hier (-)
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Belehrungspflichten gegenüber Mieters grundsätzlich zweifelhaft – in jedem Fall Belehrung über rechtskonforme Nutzung des Internetanschlusses und ausreichend technische Sicherung des Netzwerks durch ein Passwort ausreichend
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Über das WLAN des Internetanschlussinhabers (eines gewerblich agierenden Vermieters) wurden urheberrechtlich geschützte Dateien im Wege des Filesharings heruntergeladen und zum Download angeboten.
Eine Haftung des Vermieters als Täter und somit auf Schadensersatz kommt nicht in Betracht. Das liegt zum einen daran, dass unstreitig festgestellt wurde, dass der Mieter des Beklagten die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen hat. Zum anderen sei der Vermieter von einer deliktischen Haftung aber auch ganz grundsätzlich freigestellt, da die Privilegierung des § 8 Abs. 1 S. 1 TMG auf ihn anzuwenden sei:
Stellt der gewerbliche Vermieter von Ferienwohnungen seinen Mietern einen Interzugang via WLAN zu Verfügung, das durch ein Passwort gegen unbefugten Zugriff abgesichert ist, und weist er sie bei Mitteilung des Passworts schriftlich auf die Pflicht zur Einhaltung deutschen Urheberrechts hin, kommt ihm als Accessprovider die Privilegierung des § 8 Abs. 1 S. 1 TMG zugute (Orientierungssatz 1).
Auch eine Inanspruchnahme im Rahmen der Störerhaftung scheidet vorliegend aus:
Als Störer kann grundsätzlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, setzt die Haftung als Störer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen eine Verhinderung der Verletzungshandlung des Dritten zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 Rn. 19 – Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2013, 511 Rn. 41 – Morpheus; BGH, Urt. v. 16.05.2013 – I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229 Rn. 34 = WRP 2013, 1612 – Kinderhochstühle im Internet II, mwN) (juris Rn. 25).
Im vorliegenden Fall waren dem Vermieter keine über die sowieso von ihm getroffenen Maßnahmen hinausgehenden Verhaltenspflichten zuzumuten. So sei das WLAN hinreichend durch ein Passwort gegen unbefugten Zugriff gesichert gewesen. Das Passwort wurde auch nur dem Mieter mitgeteilt. Es genügt auch – unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine Belehrungspflicht besteht – die im vorliegenden Fall erteilte Belehrung zu urheberrechtskonformer Benutzung des Anschlusses. So müsse die Belehrung nicht ausdrücklich das Verbot der Online-Tauschbörsen-Nutzung enthalten. Eine Belehrung, die – wie vorliegend – inhaltlich dergestalt ausfällt, dass eine Internetnutzung „nur im Rahmen deutscher Gesetze zulässig“ sei, sei nicht zu pauschal und insofern ausreichend.
Die Belehrung müsse auch nicht an die jeweilige Nationalität des Mieters angepasst werden. Das sei dem Vermieter nicht zuzumuten und es sei insoweit auf die Eigenverantwortlichkeit des Mieters (in der Form, dass dieser eventuell selbst bei Unklarheiten Nachforschungen anstellt) zu vertrauen.
Darüber hinaus gehende Maßnahmen, etwa eine Überwachung des Mieters, sind insofern nicht notwendig.
ANMERKUNGEN
Die vorliegende Entscheidung ist für den Bereich gewerblicher Vermietung, also etwa die Vermietung von Ferienwohnungen aber auch von Zimmern im Rahmen eines Hotelbetriebs relevant.
In diesem Zusammenhang entschied bereits das LG Frankfurt, dass es ausreicht, wenn der Inhaber eines Hotels ein marktüblich gesichertes WLAN anbietet und den Gast auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinweist (vgl. LG Frankfurt, Urt. v. 18.08.2010 – 2-6 S 19/09). Dieser Rechtsprechung hat sich unter anderem das AG Hamburg angeschlossen. Der Vermieter bzw. Hotelbetreiber kommt seinen Prüfpflichten dadurch nach, dass er sein Netzwerk ausreichend vor dem Zugriff unberechtigter Dritter schützt (vgl. hierzu insbesondere BGH, Urt. v. 12.05.2010 – I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens; Urt. v. 24.11.2016 – I ZR 220/15 – WLAN-Schlüssel) und die Mieter bzw. Kunden über die rechtskonforme Nutzung des Internetanschlusses belehrt. Wie das AG Hamburg vorliegend anführt, kommt es auf die ausdrückliche Nennung des Verbots einer Nutzung von Online-Tauschbörsen nicht an (vgl. zum Ganzen auch Heckmann/Specht in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 5. Aufl. 2017, Kap. 3.2 Rn. 113 f.).
Zu erwähnen bleibt, dass der Betrieb eines öffentlichen WLAN künftig der Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 3 TMG – auch im Hinblick auf die Störerhaftung – unterfallen wird. Danach kann der Anbieter eines öffentlichen WLAN grundsätzlich weder auf Schadensersatz noch Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. jedoch Möglichkeit der Netzsperre nach § 7 Abs. 4 TMG).