Gericht
LG Itzehoe
Datum
04.11.2010
Aktenzeichen
7 O 16/10
Branche/ Lebenslage
- Bank,
- Phishing,
- Weiterleitung von Guthaben,
- Tankstellenkarten
Akteure
- Beklagter,
- Bank
Wer haftet?
- Beklagter (nur zu geringem Teil)
Haftungsart
- Bereicherungsanspruch
Haftungsumfang
- Bereicherungssumme, nur bis zu der, auf dem Konto des Beklagten verbliebenen Summe;
- nicht jedoch die, über den Erwerb von Tankkarten, weitergeleiteten Gelder
Haftungsbegründendes Verhalten
Erhalt von unbefugt an den Beklagten überwiesenen Geldern
Technische Umstände
Infolge einer Phishing-Attacke auf fremde Bankkonten konnten unbefugt Gelder von diesen Konten auf das Bankkonto des Beklagten übertragen werden
Persönliche Umstände
Dem Beklagten konnte kein Vorwurf gemacht werden hinsichtlich der Weiterleitung der unbefugt erhaltenen Gelder über den Erwerb von Tankkarten
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Im vorliegenden Fall traf die Bank das volle Haftungsrisiko: (1) Hinsichtlich der fälschlichen Überweisung der Geldsumme auf das Konto des Beklagten haftete die Bank gegenüber der betroffenen Kontoinhaberin in voller Höhe; (2) Hinsichtlich der Weiterleitung der Gelder durch den Beklagten über den Erwerb der Tankkarten wurde der Bank ebenfalls kein Ersatzanspruch gegen den Beklagten zugesprochen
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Die Klägerin (Bank) verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von Geldern, die unbefugt auf sein Konto überwiesen worden waren. Die Überweisungen waren zu Lasten eines fremden Kontos durchgeführt worden, zu dem Dritte mit Hilfe von Phishing-Attacken Zugang erlangten. Auf den Auftrag der Dritten hin hatte der Beklagte diese Gelder abgehoben und dafür mehrere Tankstellenkarten an verschiedenen Tankstellen erworben.
Das Gericht gab der klagenden Bank nur zu geringem Teil Recht. Den überwiegenden Teil konnte die Bank nicht ersetzt verlangen, weil das Gericht dem Beklagten insofern keinen Vorwurf machte. Insbesondere an der Straftat des Computerbetrugs, § 263a StGB war dieser weder Täter noch Beteiligter gewesen. Das Gericht ging von fehlendem Vorsatz aufgrund eines naiv gutgläubigen Handels aus. Somit habe der Beklagte auch keinerlei Schutzgesetze verletzt. Das gleiche stellte das Gericht hinsichtlich eines Geldwäsche-Vorwurfs (§ 261 StGB) fest.
Hinsichtlich eines Bereicherungsanspruchs war der Beklagte weitgehend entreichert.
Allerdings hatte der Beklagte die Gelder aus den getätigten Überweisungen zurückzuerstatten, die er von den Betrügern als Vergütung für das Beschaffen der Tankstellen-Karten einbehalten hatte:
Die Klägerin hat gegen den Beklagten nur insoweit einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB, als dieser den überwiesenen Betrag als Vergütung behalten hat.
Die Klägerin erbrachte mit der Veranlassung der Gutschrift „etwas“ in Form einer vermögenswerten Position beim Beklagten. Der Beklagte hat diese Gutschrift in sonstiger Weise als durch Leistung erlangt. Der Überweisungsauftrag war nicht durch den Kontoinhaber in Auftrag gegeben worden. Mangels Leistungswillen entstand zwischen diesem und dem Beklagten oder zwischen diesem und der Klägerin kein Leistungsverhältnis. Aufgrund der fehlenden Veranlassung bzw. Anscheinssetzung durch die Kontoinhaberin geschah die Anweisung durch die Klägerin auch ohne rechtlichen Grund.
ANMERKUNGEN
Der klagenden Bank wurde kein Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung zugesprochen, da das Gericht weder eine Teilnahme noch eine Täterschaft des Beklagten am Computerbetrug, § 263a StGB erkannte. Das wurde mit der mangelnden Beteiligung des Bankkunden am Tatplan der Dritten begründet. Auch das Entgegennehmen einer Provision ließe nicht ohne Weiteres auf ein gemeinschaftliches Begehen schließen. Auch hinsichtlich der Geldwäsche, § 261 StGB konnte das Gericht weder Vorsatz noch Leichtfertigkeit erkennen.
Dem Bankkunden wurde weder zivil- noch strafrechtlich ein Vorwurf gemacht. Hinsichtlich des Bereicherungsanspruchs der Bank konnte sich der Bankkunde insoweit auf Entreicherung berufen, wie er die Gelder bereits durch den Erwerb von Tankkarten weitergereicht hatte.
Wissenszurechnung: Lediglich für den Fall, dass der Bankkunde den Dritten gestattet hätte, nicht nur Gelder auf sein Konto zu übertragen, sondern auch über dieses Konto zu verfügen, hätte das Gericht evtl. eine Wissenszurechnung gem. § 166 Abs. 1 BGB angenommen. In dem Fall hätte sich der Bankkunde zumindest nicht auf Entreicherung berufen können.