GmbHG

Die Norm des § 43 GmbHG bildet die gesellschaftsrechtliche Haftungsgrundlage für Schadensersatzansprüche der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegen ihre Geschäftsführer.

  • 43 Abs. 1 GmbHG legt den Sorgfaltsmaßstab der Geschäftsführer fest, den diese bei der Erfüllung ihrer beruflichen Pflichten gegenüber der GmbH zu beachten haben.[1] Letztere müssen diejenige Sorgfalt an den Tag legen, die jeder ordentliche Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbstständiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen zu beachten hat.[2] Insoweit gilt der gleiche Maßstab wie bei § 93 AktG.[3] Bei der Festlegung des konkreten Sorgfaltsmaßstabes kommt es entscheidend auf Art, Umfang und Zweck des Unternehmens an.[4]

Die Pflicht zur sorgsamen Geschäftsführung lässt sich verkürzt auf die Formel bringen, dass der Geschäftsführer die Vorteile der Gesellschaft wahren und Schaden von ihr abwenden muss.[5] Diese Pflicht ist sehr umfassend und bedarf zu ihrem besseren Verständnis einer Konkretisierung. Zuvorderst muss der Geschäftsführer seine Pflichten im Einklang mit der Rechtsordnung ausüben.[6] Diese Pflicht wird als Legalitätspflicht bezeichnet. Die Legalitätspflicht betrifft dabei nicht nur die Pflichten, die dem Geschäftsführer unmittelbar als Organ auferlegt sind, sondern auch diejenigen Pflichten, die an die Gesellschaft als eigenständiges Rechtssubjekt adressiert sind und die der Geschäftsführer nur in seiner Geschäftsführungstätigkeit für die Gesellschaft ausführt.[7] Der Geschäftsführer hat insofern darüber zu wachen, dass das Legalitätsprinzip im gesamten Unternehmen eingehalten wird. Je nach Art, Größe und Bedeutung der Gesellschaft kann demnach im Rahmen einer sorgsamen Geschäftsführung auch die Einrichtung eines präventiven Überwachungs- und Rechtskontrollsystems (Compliance-Organisation) erforderlich sein.[8] Durch die Einrichtung eines solchen Systems können Gesetzesverstöße durch Mitarbeiter bereits von vornherein unterbunden werden. Entscheidungen, die der Geschäftsführer im Rahmen seines Ermessens zu treffen hat, haben sich an der eigentlichen Geschäftsführungsaufgabe zu orientieren, den Gesellschaftszweck zu fördern, sprich in der Regel eine Gewinnerzielung zu erwirken.[9]

  • 43 Abs. 2 GmbHG sieht einen Schadensersatzanspruch der GmbH gegen den Geschäftsführer vor, wenn dieser eine ihm gegenüber der Gesellschaft obliegende Pflicht verletzt, er schuldhaft gehandelt hat und der Gesellschaft hieraus ein Schaden entstanden ist.[10] Schuldhaftes Handeln meint Vorsatz oder Fahrlässigkeit, wobei für letzteres als Maßstab die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers nach § 43 Abs. 1 GmbHG dient.[11] Weiterhin muss der Gesellschaft durch das pflichtwidrige Verhalten adäquat kausal ein Schaden entstanden sein.[12] Die Haftung entfällt, wenn der Geschäftsführer den Nachweis erbringen kann, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre.[13] Die Schadenskompensation erfolgt nach Maßgabe der §§ 249 ff. BGB und kann nach § 252 BGB sogar den entgangenen Gewinn umfassen.[14]

Der BGH sieht in der Vorschrift des § 43 Abs. 2 GmbHG eine besondere Ausprägung des § 43 Abs. 2 GmbHG, nämlich die schuldhafte Verletzung der Kaptialerhaltungspflichten in §§ 40, 44 (und § 43a) GmbHG.[15] Hier besteht eine verschärfte Haftung der Art, dass für die Geltendmachung der Ersatzansprüche bereits der typisierte Schadensnachweis genügt. Die GmbH darf auch nicht auf ihre Ansprüche verzichten beziehungsweise sich mit dem Geschäftsführer vergleichen.

Nach § 43 Abs. 4 GmbHG verjähren die Ersatzansprüche der GmbH aus § 43 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG erst in 5 Jahren. Zum Vergleich: Die Regelverjährung liegt nach § 195 BGB bei 3 Jahren.

[1] Fleischer, in: Münchner Kommentar GmbHG, 2. Aufl. 2016, § 43 Rn. 10.

[2] OLG Celle, Urt. v. 15.3.2000 – 9 U 209/99 = NZG 2000, 1178, 1179; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.12.1998 – 8 U 98/98 = NZG 1999, 506, 507; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 43 Rn. 3.

[3] Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 43 Rn. 7.

[4] OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.12.1998 – 8 U 98/98 = NZG 1999, 506, 507; OLG Hamm, Beschl. v. 21.6.1985 – 4 Ws 163/85, NStZ 1986, 119.

[5] Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 42; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.12.1998 – 8 U 98/98 = NZG 1999, 506, 507; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1993 – 6 U 245/92 = GmbHR 1994, 317, 318.

[6] BGH, Urt. v. 18.6.2014 – I ZR 242/12 = NZG 2014, 991 Rn. 23; BGH, Urteil v. 10.7.2012 – VI ZR 341/10 = NJW 2012, 3439, 3441; KG, Urt. v. 13.11.2012 – 5 U 30/12 = NZG 2013, 586, 587.

[7] Oetker, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 2016, § 43 Rn. 24.

[8] Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 43 Rn. 17.

[9] Zöller/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 43 Rn. 17.

[10] Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 43 Rn. 18; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 43 Rn. 37.

[11] Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, § 43 Rn. 188; Haas/Ziemons, in: BeckOK GmbHG, § 43 Rn. 286.

[12] Haas/Ziemons, in: BeckOK GmbHG, 29. Edit. Stand 01.06.2016, § 43 Rn. 301.

[13] Haas/Ziemons, in: BeckOK GmbHG, 29. Edit. Stand 01.06.2016, § 43 Rn. 304 f.

[14] BGH, Urt. v. 22.6.2009 – II ZR 143/08 = NJW 2009, 2598; OLG Hamm, Urteil v. 20.5.1999 – 27 U 213-98 = NJW-RR 1999, 1715, 1715 f.; Fleischer, in: Münchner Kommentar GmbHG, 2. Aufl. 2016, § 43 Rn. 263.

[15] BGH, Urt. v. 29.9.2008 – II ZR 234/07 = NZG 2008, 908, 910; Haas/Ziemons, in: BeckOK GmbHG, 29. Edit. Stand 01.06.2016, § 43 Rn. 327.

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