Berufsfreiheit

Das Grundrecht auf Berufsfreiheit des Art. 12 GG umfasst sowohl eine Berufswahlfreiheit, also die Freiheit, sich einem Wunschberuf frei widmen zu können, als auch eine Berufsausübungsfreiheit, also die Freiheit, einen gewählten Beruf auch inhaltlich nach eigenen Vorstellungen frei gestalten zu können. Eingriffe in diese Freiheiten sind dabei aber durch Gesetz oder „auf Grund eines Gesetzes“, also etwa per Rechtsverordnung, zulässig. Obwohl das Grundgesetz in seinem Art. 12 Abs. 1 S.2 GG nur von der Berufsausübung spricht, die so mittels Gesetz eingeschränkt werden darf, gilt dies unproblematisch auch für Eingriffe in die Berufswahlfreiheit.[1]

Die Rechtmäßigkeit von Eingriffen in die Berufsfreiheit wird nach dem Bundesverfassungsgericht im Rahmen der sogenannten „Drei-Stufen-Lehre“ bewertet. Diese Stufenlehre wurde im sogenannten Apotheker-Urteil[2] des Bundesverfassungsgerichts ergründet und soll eine nach der Eingriffsart (Berufswahlfreiheit oder Berufsausübungsfreiheit) differenzierte Verhältnismäßigkeitsprüfung ermöglichen.[3] Im Rahmen dieser Stufenlehre wird ein Eingriff in die Berufswahlfreiheit weiter nach objektiven und nach subjektiven Eingriffen differenziert, also danach, ob das einschränkende Gesetz die Ergreifung eines bestimmten Berufs ausnahmslos einschränkt (objektiv) oder aber nur von bestimmten persönlichen Voraussetzungen (etwa Absolvierung einer Prüfung o.ä.) (subjektiv) abhängig macht. Die drei Stufen dieser Stufenlehre werden demnach aus 1) Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit, 2) subjektive Eingriffe in die Berufswahlfreiheit und 3) objektive Eingriffe in die Berufswahlfreiheit, gebildet. Auf einer niedrigeren Stufe, bei der die Eingriffsqualität in das Grundrecht geringer ist als bei einer höheren Stufe, bedarf es auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nur geringerer Anforderungen zur Erzielung von Rechtmäßigkeit. So sind etwa bei der schwächsten Eingriffsform der Drei-Stufen-Lehre, dem Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, bereits vernünftige Allgemeinwohlerwägungen ausreichend, um im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hier Eingriffe rechtmäßig werden zu lassen.[4] Auf der nächsthöheren Stufe, der subjektiven Berufswahlfreiheit, die eine mittlere Eingriffsintensität aufweist, sind Eingriffe dagegen nur dann verhältnismäßig, wenn der Eingriff dem Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts dient, das der individuellen Freiheit des Grundrechtsträgers vorrangig ist.[5] Auf der höchsten Stufe der Drei-Stufen-Lehre, der objektiven Berufswahlfreiheit, ist ein Eingriff dagegen nur dann verhältnismäßig, wenn diese der Abwendung einer nachweislichen oder höchstwahrscheinlichen Gefahr für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dient.[6] Die Voraussetzungen an einen Eingriff sind auf dieser Stufe demnach am strengsten.

Bezogen auf die IT-Sicherheit könnte Art. 12 GG etwa dann betroffen sein, wenn der Staat durch die Setzung verbindlicher Regelungen den Unternehmen zu hohe Vorgaben hinsichtlich der Einhaltung von IT-Sicherheitsstandards macht und diese dadurch etwa in der freien Ausübung ihres Berufs beeinträchtigt werden. Dann etwa ergäbe sich aus der Berufsfreiheit des Art. 12 GG ein Abwehrrecht der Unternehmen gegen ebendiese staatlichen Maßnahmen. Der Gesetzgeber hat daher die Schaffung von IT-Sicherheit unter die Prämisse zu stellen, dass der Aufwand zur Schaffung von IT-Sicherheit in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht.

Neben den abwehrrechtlichen Dimensionen könnten sich aus der Berufsfreiheit gegebenenfalls aber auch subjektive Rechte des Einzelnen gegen den Staat ergeben, seine in der Berufsfreiheit verankerten Rechte besser zu schützen. So könnte der Staat etwa die Verpflichtung haben, dafür Sorge zu tragen, die uneingeschränkte Berufsausübung der Unternehmer mit geeigneten Maßnahmen proaktiv zu erhalten und vor Dritteingriffen in ebendiese Freiheiten zu schützen. Denkbar wäre in diesem Kontext etwa eine Verpflichtung des Staates, durch geeignete Projekte die IT-Infrastruktur im Unternehmen – und daher jedenfalls mittelbar auch die IT-Sicherheit im Unternehmen – zu stärken.

 

[1] Vgl. BVerfGE 54, 237, 246 = NJW 1980, 2123, 2123; vgl. auch Ruffert, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand 01.03.2015, Art. 12 GG Rn. 74.

[2] Vgl. BVerfG, Urt. v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – NJW 1958, 1035.

[3] Vgl. Ruffert, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand 01.03.2015, Art. 12 GG Rn. 93.

[4] Vgl. Ruffert, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand 01.03.2015, Art. 12 GG Rn. 94.

[5] Vgl. Ruffert, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand 01.03.2015, Art. 12 GG Rn. 97.

[6] Vgl. Ruffert, in: Epping/Hillgruber, Beck’scher Online-Kommentar GG, Stand 01.03.2015, Art. 12 GG Rn. 98.

Ähnliche Einträge