Tracking-Halsband für Mitarbeiter

Lesezeit: 4 Minuten Eine neue Dimension der Überwachung am Arbeitsplatz

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Die Überwachung von Arbeitnehmern seitens des Arbeitgebers ist seit langer Zeit im Fokus der Rechtsprechung. Sei es durch eine am Arbeitsplatz fest installierte (heimliche) Videoüberwachung[1] oder durch sog. „Keylogger“ am PC des Arbeitnehmers, mit deren Hilfe der Arbeitgeber alle Tastaturanschläge und Bildschirmausschnitte nachverfolgen kann.[2] Grund für entsprechende Überwachungsmaßnahmen ist oft zu gewährleisten, dass vertraglich vereinbarte Arbeitszeiten eingehalten werden und festzuhalten, dass arbeitgeberseitig zur Verfügung gestellte Betriebsmittel ausschließlich dienstbezogen genutzt werden. Durch die Vernetzung der meisten Arbeitsplätze mit dem Internet und auch privater Nutzung von Dienst-Smartphones wird es in der digitalisierten Welt immer schwieriger Arbeit und Privatleben voneinander zu trennen. Sowohl private als auch berufliche Emails können nahezu von jedem Ort der Welt abgerufen werden und privat frequentierte Webseiten sind in Sekundenschnelle am Arbeitsplatz abrufbar.[3] Das Interesse des Arbeitgebers an der Überwachung und Sicherstellung der vertraglich zugesicherten Arbeitsleistung steht dann in Konflikt mit dem Interesse des Arbeitnehmers auf Wahrung der Persönlichkeits- bzw. Privatsphäre. Die oft komplexe Auflösung dieses Konflikts ist dann über eine faire Abwägung zwischen beiderseitig grundrechtlich geschützten Interessen (etwa aus Art. 10 GG und Art. 8 EMRK) herbeizuführen.[4]

Überwachung der Arbeitnehmer erreicht neue Höhepunkte

Die anfangs erwähnten Varianten der Arbeitnehmerüberwachung wirken jedoch harmlos und unscheinbar im Hinblick auf einen neuen Trend der Mitarbeiterkontrolle: mit Hilfe einer um den Hals getragenen elektronischen Einheit sollen – ähnlich der Funktionsweise von Fitnessarmbändern – die Gewohnheiten, Gespräche, Bewegungs- sowie Arbeitsabläufe der Angestellten gemessen und ausgewertet werden.[5] Das Produkt mit dem Namen „Humanyze“ bietet durch zwei Mikrofone, Bluetooth- und Infrarotfunktion, sowie einen Bewegungssensor die Möglichkeit, den Träger in Echtzeit zu überwachen.[6] In den USA laufen bereits erste Testphasen in Unternehmen. Zunächst sind hier wohl nur Freiwillge unter den Angestellten ausgewählt worden, welche die Geräte deshalb aus eigenem Antrieb testeten, um für sich selbst Optimierungsmöglichkeiten zu erkennen.[7] Auch Experimente mit „Datenbrillen“ wurden durchgeführt. Damit kann der Arbeitnehmer beispielsweise Baupläne vor seinen Augen aufrufen. Allerdings kann so durch den Arbeitgeber auch die Arbeitsgeschwindigkeit des Brillenträgers überprüft und überwacht werden.[8]

Laut einer IT-Forschungsumfrage des Unternehmens Gartner aus dem Jahr 2018 zeichnen 22 Prozent der verschiedenen weltweiten Industrieorganisationen den aktuellen Standort ihrer Mitarbeiter auf.[9] Die Nutzung der Arbeitsplatzcomputer wird von 17 Prozent überwacht und 16 Prozent dieser Unternehmen kontrollieren regelmäßig die Kalender und Emails ihrer Angestellten.[10] Vermeintlicher Hintergrund dieser Maßnahmen ist die Steigerung der Produktivität des jeweiligen Unternehmens. Insofern entsprechende Maßnahmen zur Überprüfung von Produktivität und Optimierungspotenzial der im Unternehmen erforderlichen Arbeitsprozesse ein gewissen Maß an Berechtigung finden werden, stößt diese Berechtigung dort an seine Grenzen wo nicht unerheblich auch die Privatsphäre der Arbeitnehmer mitbetroffen ist.[11]

Grenzen zwischen Privatleben und Arbeit verschwimmen

Nicht nur durch Tracking am Arbeitsplatz, sondern auch im privaten Rahmen drängen Arbeitgeber auf die Erhebung von Daten der Arbeitnehmer. Mehreren Unternehmen wurden etwa Apps angeboten, die den Gesundheitszustand der Mitarbeiter (dauerhaft) überwachen sollten. Diese gab man unter der Anpreisung von Rabatten an die Mitarbeiter weiter und wollte so die persönlichen und im Sinne des Art. 9 DS-GVO sogar besonderen Kategorien personenbezogener (besonders sensible) Daten für das Unternehmen nutzen. Die App sollte herausfinden, welche weiblichen Mitarbeiterinnen schwanger sind und durch die Schwangerschaft entstehende Kosten für den Arbeitgeber sollten minimiert werden. Sogar Aufzeichnungen über das Sexualverhalten der Mitarbeiter wurden ausgewertet und dem Unternehmen übermittelt.[12]

Arbeitnehmer müssen sensibilisiert werden

Bei allem Unverständnis, die solche Handlungen zunächst hervorrufen sollte rechtlich jedoch auch unterschieden werden zwischen dem freiwilligen Benutzen einer privaten Fitness-App und der Verpflichtung am Arbeitsplatz einen Tracker am Körper zu tragen. Während man bei der App gewisse Datennutzungen ausschalten kann und auch nicht gezwungen wird die App zu benutzen, kann man sich am Arbeitsplatz kaum gegen die Anordnung des Vorgesetzten wehren eine elektronische Einheit am Körper zu tragen. Im digitalen Zeitalter sollten auch Arbeitnehmer stets reflektieren was mit den eigenen Daten passiert und wer diese einsehen kann, sei es beim Surfen im Internet oder in der Arbeit.

Rechtliche Einordnung

Diese Arten der Überwachung, die in den USA bereits genutzt werden, sind in Deutschland kaum vorstellbar. Bereits die strengeren datenschutzrechtlichen Vorschriften erschweren dies. So müsste in Deutschland jeder Angestellte persönlich und ausdrücklich einwilligen und regelmäßig auch der Betriebsrat zustimmen.[13] Zu beachten ist insbesondere § 32 BDSG, der die Pflichten des Arbeitgebers für den Umgang mit den personenbezogenen Daten seiner Mitarbeiter regelt. Generell dürfen nach dem BDSG personenbezogene Daten nur dann erhoben, verarbeitet und genutzt werden, wenn der jeweilige Arbeitnehmer zugestimmt hat oder eine eindeutige Rechtsvorschrift dies erlaubt bzw. anordnet.[14]

Die Überprüfung von Emails durch den Arbeitgeber hingegen ist kein neues Phänomen, dies ist schon länger gang und gäbe und kann sogar unter bestimmten Umständen zulässig sein.[15] Ist die private Internetnutzung untersagt, so dürfen auch keine privaten Emails am Arbeitsplatz versendet werden, der Arbeitnehmer kann hier eine Durchsicht des E-Mail Verkehrs vornehmen ohne, dass die Beeinträchtigung der Privatsphäre des Betroffenen zu befürchten ist. Ist die private Internetnutzung am Arbeitsplatz jedoch explizit oder durch betriebliche Übung erlaubt, so kann die Überwachung, Verfolgung, Überprüfung oder Protokollierung des Emailverkehrs eine Strafbarkeit wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses gem. § 20 StGB nach sich ziehen.[16]

Fazit

Neben den vielfältigen rechtlichen Problematiken, die eine umfassende Überwachung der Mitarbeiter mit sich bringt, ist auch der praktische Nutzen nicht immer überzeugend. Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass eine engmaschige Überwachung von Arbeitnehmern die Einhaltung von Arbeitszeit und Betriebsanweisungen sicherstellen kann. Andererseits haben bereits Experimente gezeigt, dass Arbeitnehmer, die während der Arbeit nicht kontrolliert werden, bessere Arbeitsergebnisse abliefern als die überwachten Arbeitnehmer.[17] Eine Einführung besonders invasiver Überwachungsmaßnahmen ist in Deutschland wegen der hohen rechtlichen Hürden kaum zu erwarten. Selbst wenn die Einführung auf die Einwilligung der Arbeitnehmer gestützt werden sollte, so ist deren Freiwilligkeit vor dem Hintergrund des strengen Abhängigkeitsverhältnisses von Arbeitnehmern zu Arbeitgeber nicht immer zweifelsfrei anzunehmen. Oft wird etwa eine Einwilligung eher auf Angst vor arbeitgeberseitigen Repressalien als auf Interesse an einer Arbeitsprozessoptimierung beruhen.


[1] Siehe hierzu u.a. BAG v. 23.08.2018 – 2 AZR 133/18.

[2] BAG v. 27.07.2017 – 2 AZR 681/16.

[3] Vgl. auch EGMR v. 05.09.2017 – Application no. 61496/08.

[4] Herrmann, EGMR: Überwachung der Internutzung durch Arbeitgeber unzulässig, Datenschutzbeauftragter.info, 06.09.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

[5] Buhse, Das Soziometer, Heise Online, 30.01.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

[6] Buhse, Das Soziometer, Heise Online, 30.01.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

[7] Buhse, Das Soziometer, Heise Online, 30.01.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

[8] Buhse, Das Soziometer, Heise Online, 30.01.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

[9] Schwan, Ein „Fitbit für Deine Karriere“, Heise Online, 13.05.2019, zuletzt abgerufen am 14.05.2019.

[10] Schwan, Ein „Fitbit für Deine Karriere“, Heise Online, 13.05.2019, zuletzt abgerufen am 14.05.2019.

[11] Schwan, Ein „Fitbit für Deine Karriere“, Heise Online, 13.05.2019, zuletzt abgerufen am 14.05.2019.

[12] Schwan, Ein „Fitbit für Deine Karriere“, Heise Online, 13.05.2019, zuletzt abgerufen am 14.05.2019.

[13] Buhse, Das Soziometer, Heise Online, 30.01.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

[14] Datenschutz für Arbeitnehmer: Was dürfen Arbeitgeber?, Datenschutz.org, 11.07.2018, zuletzt abgerufen am 21.05.2019.

[15] Dr. Datenschutz, Darf der Arbeitgeber E-Mails der Mitarbeiter lesen?, Datenschutzbeauftragter.info, zuletzt abgerufen am 20.05.2019

[16] Internetnutzung am Arbeitsplatz: Datenschutzrechtliche Bestimmungen, Datenschutz.org, 11.07.2018, zuletzt abgerufen am 21.05.2019.

[17] Buhse, Das Soziometer, Heise Online, 30.01.2017, zuletzt abgerufen am 13.05.2019.

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