BSI-Präsident nach Enthüllungen des ZDF vor Abberufung?!

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Das ZDF Magazin Royale unter Jan Böhmermann veröffentlichte am Freitag, 7. Oktober 2022 einen Beitrag mit dem Titel „Sicherheitsrisiko Cyberclown“, in Kooperation mit dem Recherchenetzwerk „Policy Network Analytics“. Darin wurden die Verbindungen des BSI-Präsidenten Arne Schönbohm (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) zum umstrittenen Verein “Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.” (CSDR) beleuchtet. Unter den Mitgliedern dieses Vereins befinden sich nicht nur Unternehmen, die die systemrelevante Infrastruktur Deutschlands stellen, sondern auch die Berliner Cybersecurity-Firma “Protelion”. Dieses vertreibt zwar Cyber-Abwehrtechnologie “made in Germany”, ist den Recherchen nach aber ein Tochterunternehmen des russischen Cybersecurity-Unternehmens “Infotecs”, dessen Mitgründer ein von Wladimir Putin ausgezeichneter, ehemaliger KGB-Agent sein soll.

Schönbohm war 2012 Gründungspräsident dieses Vereins, dessen Namen dem des offiziellen Cyber-Sicherheitsrats der Bundverteidigungsministeriums gleich. Der Verein wurde bereits in der Vergangenheit dafür kritisiert, den Eindruck zu erwecken, eine staatliche Institution zu sein. Der Verein sah sich bereits 2019 in ARD-Recherchen des Magazins Kontraste Vorwürfen der Russland-Nähe ausgesetzt, sodass Schönbohm Mitarbeitern des BSI eine Kooperation verbot. An der 10-jährigen Jubiläumsfeier des Vereins im September 2022 nahm Schönbohm teil, hielt eine Rede und ist auf einem Foto mit CSRD-Präsident Hans-Wilhelm Dünn zeigt. Jener räumte in einem Interview mit der ZEIT und Kontraste Kontakte zum russischen Geheimdienst ein. Allerdings wurde sowohl die Teilnahme, als auch die Rede des BSI Präsidenten dort durch das BMI genehmigt.

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes und Grünen-Bundestagabgeordnete Konstantin von Notz kritisierte die Enthüllungen als “skandalös” und forderte eine umfassende Untersuchung und Aufklärung.  Die digitalpolitische Sprecherin der Links-Fraktion im Deutschen Bundestag, Anke Domscheit-Berg beantragte, dass sich der Digitalausschuss am kommenden Mittwoch, 12.10.2022, mit dem Thema befasst. Darüber hinaus verlangte die stellvertretende Fraktionschefin Nadine Schön (CDU) eine besondere Untersuchung der Arbeit des Unternehmens “Protelion” im Bereich der deutschen Cybersicherheit, insbesondere für die öffentliche Verwaltung.

Als Reaktion auf die Veröffentlichungen leitete die zuständige Bundesinnenministerin Faeser nach Informationen des SPIEGEL die Absetzung von BSI-Präsident Schönbohm in die Wege. Aufgrund seiner Position als nicht-politischer Behördenchef kann er jedoch nach dem Beamtenrecht nicht einfache in den Ruhestand versetzt werden – es muss eine neue Position für ihn gefunden werden. Demnach wird nach einem Nachfolger gesucht. Arne Schönbohm wurde unter dem damaligen CDU-Innenminister Thomas de Maizière Chef des BSI. Jedoch war die Ernennung schon damals umstritten: Heftige Kritik kam damals von den Grünen und Vertretern der Zivilgesellschaft, wie dem Chaos Computer Club. Schönbohm wurde damals seine Tätigkeit als Interessenvertreter der Wirtschaft, so wie mangelnde Kenntnisse im Bereich der Informationssicherheit vorgeworfen.

Der Eklat trifft das BSI in einer Zeit, in der seine Wichtigkeit innerhalb der Sicherheitsbehörden stetig zunimmt. Zuletzt dachte das Bundesinnenministerium über eine Stärkung des BSI zur Zentralstelle für Cybersicherheit im Gefüge der Sicherheitsbehörden nach. Die zentrale Forderung von Fachleuten, das BSI unabhängiger zu gestalten und dem BMI bisherige Weisungsrechte zu nehmen, bleibt aber vorerst aber unerfüllt.

Der Verein “Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.” teilte am Montag, 10. Oktober 2022, mit, dass sie eine künftige Zusammenarbeit mit der Protelion GmbH ausschließt. Darüber hinaus wies der Verein die Vorwürfe einer russischen Einflussnahme entschieden zurück. Das Bundesinnenministerium ließ Nachfragen von Medien bislang unkommentiert, allerdings wurde die, für nächsten Donnerstag, 13.10.22 angesetzte, gemeinsame Präsentation des BSI Lageberichts 2022 durch BSI-Präsident Schönbohm und Innenministerin Faeser vor der Bundespressekonferenz vorerst abgesagt.

Zahlreiche Branchenkenner zeigen sich aber auch verwundert über die Diskussion um den BSI-Präsidenten und den CSRD. „Wir reden von gesellschaftlicher Resilienz und nutzen jede Gelegenheit, uns selbst über Lappalien bis ins Delirium zu erregen. Resilient ist das gerade nicht.“ So Timo Kob gegenüber dem Tagesspiegel Background.