Sonderkündigungsschutz des betrieblichen Datenschutzbeauftragten mit nationalem und unionalen Recht vereinbar!

Europäischer Gerichtshof; Bundesarbeitsgericht, 2022-08-25 — C-534/20, ECLI:EU:C:2022:495; 2 AZR 225/20

Branche/ Lebenslage

Sonderkündigung des betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Akteure

  • betrieblicher Datenschutzbeauftragter
  • Unternehmen

Wer haftet?

  • Unternehmen

Haftungsart

Haftungsumfang

Haftungsbegründendes Verhalten

Verstoß gegen den in § 38 i.V.m. § 6 Abs. 4 BDSG normierten Sonderkündigungsschutz für nichtöffentliche Datenschutzbeauftragte

Technische Umstände

Persönliche Umstände

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Genaue Vorüberlegung über die interne oder externe Besetzung der Stelle eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Ausgangslage des Falls war die ordentliche Kündigung einer intern bestellten betrieblichen Datenschutzbeauftragten zur Umstrukturierung des Bereichs und die Abgabe der Funktion des Datenschutzbeauftragten an einen externen Dienstleister.
Hiergegen erhob die Arbeitnehmerin erfolgreich vor den Instanzgerichten Kündigungsschutzklage.

Im deutschen Recht genießen interne Datenschutzbeauftragte nach § 38 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 BDSG Sonderkündigungsschutz, der eine Kündigung oder Abberufung nur aus außerordentlichem und wichtigem Grund möglich macht.
Der Beklagte Arbeitgeber hingegen hielt diesen Schutz aus dem BDSG für nichtig, da das vorrangige Unionsrecht nach Art. 38 Abs. 3 S. 2 keinen derart weitreichenden Kündigungsschutz erkennen lässt.
Das nun zur Entscheidung befugte Bundesarbeitsgericht war sich unsicher, ob dieser garantierte Sonderkündigungsschutz mit Unionsrecht vereinbar ist und legte die Frage dem EuGH vor.

Dieser urteilte am 22.06.2022 für eine Vereinbarkeit des national im BDSG verankerten Sonderkündigungsschutzes mit dem Unionsrecht.
Art. 38 Abs. 3 S. 2 DSGVO sei dahingehend auszulegen, dass er der nationalen Regelung nicht im Weg stehen solle, nach der dem Datenschutzbeauftragten lediglich aus wichtigem Grund gekündigt werden könne. Die hier fragliche BDSG-Norm bezwecke ja vielmehr eine allgemeine Unabhängigkeitswahrung des Datenschutzbeauftragten und die dadurch gesicherte Ausübung der Bestimmungen der DSGVO. Es sei den einzelnen Mitgliedstaaten ferner freigestellt, über die DSGVO hinausgehende restriktivere Vorschriften zugunsten des Datenschutzbeauftragten zu normieren, sofern diese mit Unionsrecht vereinbar seien. Die DSGVO stehe solchen Vorhaben nicht im Weg.

Das nun auf Basis dieser EuGH Entscheidung ergangene BAG Urteil erklärt die Kündigung der Klägerin für nichtig und verweist auf den Sonderkündigungsschutz. Eine in diesem Fall angegebene Umstrukturierung zur Verlagerung der Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten an eine externe Stelle sei kein außerordentlicher oder wichtiger Grund für eine Kündigung gewesen.