Keine Belehrungspflichten des Internetanschlussinhabers in Bezug auf volljährige Gäste

Gericht

AG Charlottenburg

Datum

24.05.2016

Aktenzeichen

214 C 170/15

Branche/ Lebenslage

  • Störerhaftung,
  • Aufsicht,
  • Prüfpflichten,
  • Belehrung,
  • Belehrungspflichten,
  • Volljährige,
  • Mietverhältnis, Mieter, Untervermietung,
  • Internetanschlussinhaber,
  • illegales File-Sharing

Akteure

  • Urheberrechtsinhaber,
  • Internetanschlussinhaber/Mieter,
  • volljähriger Dritter/Untermieter

Wer haftet?

  • Internetanschlussinhaber, jedoch nur bei konkreten Anhaltspunkten, hier (-)

Haftungsart

  • Störerhaftung,
  • Unterlassung, hier (-)

Haftungsumfang

  • Abmahnkosten/Anwaltskosten,
  • Verfahrenskosten, hier (-)

Haftungsbegründendes Verhalten

Bloße Unterhaltung eines Internetanschlusses und Überlassung an volljährigen Dritten (hier Untermieter)

Technische Umstände

Internetanschluss ermöglicht Up- und Download von urheberrechtlich relevanten Daten

Persönliche Umstände

Arglosigkeit gegenüber den Risiken rechtswidriger Internetnutzung durch volljährige Dritte, hier (-)

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Substantiierter Vortrag, dass nur Dritter (hier Untermieter) im fraglichen Zeitraum Zugang zum Internetanschluss gehabt hat

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Ein Mieter hatte für einen gewissen Zeitraum seine Wohnung untervermietet. In dieser Zeit wurden über das WLAN des Mieters urheberrechtlich geschützte Dateien im Wege des Filesharings zum Download angeboten. In der Folge wurde der Mieter als Internetanschlussinhaber vom Urheberrechtsinhaber abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Mieter gab mit Verweis auf die Untervermietung an, er selbst habe den Anschluss nicht genutzt.

Das AG Berlin-Charlottenburg entschied, dass ein Mieter als Inhaber eines Internetanschlusses nicht für die verursachten Kosten haften muss, wenn er nachweisen kann, dass die Wohnung im fraglichen Zeitraum untervermietet war.

Zwar spreche eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers. Diese Vermutung konnte der Mieter jedoch widerlegen. Erforderlich dafür sei, dass beweisbar ein anderer Geschehensablauf dargelegt werde. Im vorliegenden Fall konnte der Mieter unter anderem durch Zeugen ausführlich und überzeugend darlegen, dass er in den Sommerferien abwesend war und die Wohnung ausschließlich von dem Untermieter genutzt wurde.

Auch eine Inanspruchnahme im Rahmen der Störerhaftung scheide aus. So sei es nicht erforderlich, dass der Mieter seinen volljährigen Untermieter darauf hinweist, rechtswidrige Urheberrechtsverletzungen (etwa in Form von Uploads) zu begehen. Das müsse der Untermieter aufgrund der auf seiner Volljährigkeit beruhenden Eigenverantwortlichkeit selbst erkennen.

ANMERKUNGEN

In einem privaten WLAN haftet somit der Hauptmieter grundsätzlich weder als Täter noch als Störer für zum Zeitpunkt der Untervermietung begangene Urheberrechtsverletzungen (vgl. auch LG Köln, Urt. v. 14.03.2013 – 14 O 320/12). Ähnlich wie bei der Überlassung eines Internetzugangs an sonstige volljährige Dritte (vgl. hierzu insbesondere BGH, Urt. v. 12.05.2016 – I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook) trifft den Hauptmieter grundsätzlich – also ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte auf begangene Rechtsverletzungen – keine Überwachungs- oder Belehrungspflicht gegenüber dem Untermieter.

Etwas anderes gilt unterdessen für den gewerblichen Bereich. Im Fall einer gewerblichen Vermietung etwa von Ferienwohnungen oder des Betriebs eines Hotels sollte der Internetanschlussinhaber ein marktüblich gesichertes WLAN anbieten und den Gast auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinweisen. Das kann entweder vertraglich oder außervertraglich – etwas bei Überlassung des Zugangs – geschehen (vgl. Heckmann/Specht in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, 5. Aufl. 2017, Kap. 3.2 Rn. 113 f.). Darüber hinaus treffen den Anschlussinhaber ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte keine Pflichten.

Der Betrieb öffentlicher WLAN wird fortan aber der Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 3 TMG unterfallen. Danach kann der Anbieter eines öffentlichen WLAN grundsätzlich weder auf Schadensersatz noch Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. jedoch Möglichkeit der Netzsperre nach § 7 Abs. 4 TMG)

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