Kein Schutz von am Arbeitsplatz-Rechner gespeicherten, privaten E-Mails durch Fernmeldegeheimnis und damit Möglichkeit des Zugriffs durch Arbeitgeber bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen

Gericht

LAG Berlin-Brandenburg

Datum

16.02.2011

Aktenzeichen

4 Sa 2132/10

Branche/ Lebenslage

Akteure

  • Arbeitnehmer,
  • Arbeitgeber

Wer haftet?

  • Arbeitgeber, hier (-)

Haftungsart

  • Unterlassungsanspruch

Haftungsumfang

Haftungsbegründendes Verhalten

Zugriff des Arbeitgebers auf den Arbeitsplatz-Rechner

Technische Umstände

Persönliche Umstände

Möglichkeiten der Haftungsvermeidung

Liegen die sonstigen Voraussetzungen vor, ist dem Arbeitgeber der Zugriff auf private E-Mails, die auf dem Arbeitsplatz-Rechner gespeichert sind, nicht aufgrund des Fernmeldegeheimnisses versperrt; eine Klärung des Umgangs mit privaten E-Mails und darauf bezogene Umgangsweisen sollte vertraglich festgelegt werden

Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung

Die Beklagte hatte die E-Mail-Nutzung im Betrieb auch für die private Kommunikation gestattet. Nach krankheitsbedingter Abwesenheit der Klägerin wollte die Beklagte den E-Mail Zugang der Klägerin nutzen, um Kundenmails zu bearbeiten. Nach ausbleibender Antwort der Klägerin auf eine entsprechende Anfrage verschaffte sich die Beklagte Zugang zum E-Mail-Account und druckte sämtliche dienstlichen E-Mails aus. Dabei hätte sie auch die Möglichkeit zur Einsicht in die privaten Mails der Klägerin gehabt. Die Klägerin begehrt, ein entsprechendes Vorgehen ohne ihre Einwilligung zu unterbinden.

Der Anspruch [auf Unterlassung der Kenntnisnahme von privaten Emails, die an den von der Beklagten zur Verfügung gestellten Firmen-Email-Account geschickt werden] ergibt sich nicht aus § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 88 Abs. 2 und Abs. 3 TKG. [S]elbst wenn man die Auffassung der Klägerin teilte, ein Arbeitgeber werde allein durch Gestattung privaten E-Mail-Verkehrs unter Nutzung des dienstlichen Rechners und des dienstlichen Accounts zum Dienstanbieter, wäre der Anwendungsbereich des § 88 TKG nicht eröffnet.

Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses endet […] in dem Moment, in dem die E-Mail beim Empfänger angekommen und der Übertragungsvorgang beendet ist. Nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Verbindungsdaten werden deswegen nicht durch Art. 10 I GG geschützt.

Der Arbeitnehmer ist allerdings auch durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor Eingriffen des Arbeitgebers geschützt. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers ist somit durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Vorrang verdient.

ANMERKUNGEN

Der Arbeitnehmer konnte keinen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen. Soweit der Arbeitgeber die speziellen Voraussetzungen beachtet, ist der Zugriff auf private E-Mails seiner Arbeitnehmer, soweit sie auf dem Arbeitsplatz-Rechner abgespeichert sind, zulässig.

Allerdings befand das Gericht hier nicht das Lesen bzw. Auswerten der privaten E-Mails für zulässig, sondern lediglich den Zugriff auf den gesamten E-Mail Account zur Speicherung bzw. Auswertung der dienstlichen E-Mails.

Das Gericht stufte den Arbeitgeber trotz Gestattung, private E-Mails über den Dienstrechner zu senden und zu empfangen, nicht als „Dienstleister“ im Sinne des TKG ein.

Das Gericht folgte der gängigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Anwendungsbereich des Fernmeldegeheimnisses, vgl. z.B. BVerfGE 115, 166; BVerfGE 120, 274.

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