Gericht
BGH
Datum
11.03.2009
Aktenzeichen
I ZR 114/06
Branche/ Lebenslage
- eBay,
- Passwort,
- Zugangsdaten,
- Passwortschutz
Akteure
- eBay-Account-Inhaber,
- Rechteinhaberin
Wer haftet?
- eBay-Account-Inhaber
Haftungsart
- Schadensersatz
Haftungsumfang
- –
Haftungsbegründendes Verhalten
Unzureichende Sicherung des eBay-Accounts gegen unbefugten Zugang durch Dritte
Technische Umstände
Schaffung von Unklarheit darüber, welche Person unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt hat
Persönliche Umstände
Wenn der Account-Zugang nur unsicher geschützt wird, ist das ein sorgfaltswidriges Handeln
Möglichkeiten der Haftungsvermeidung
Hohes Haftungsrisiko für Account-Inhaber (bei eBay), solange diese ihre Accounts unzureichend gegen unbefugten Zugang durch Dritte sichern
Zitate, Zusammenfassende Würdigung, Strategien zur Haftungsvermeidung
Die Klägerin (Inhaberin eines Markenrechts) verlangte von dem Beklagten (eBay-Account-Inhaber) Unterlassen (der Markennutzung) sowie Schadensersatz, weil über den eBay-Account des Beklagten Schmuck unter Nennung des Markennamens der Klägerin vertrieben wurde. Der Beklagte hatte die Angebote allerdings nicht selbst eingestellt und sah sich deshalb nicht in der Verantwortung.
Der BGH ging dennoch von der Haftung des Account-Inhabers aus. Er begründete das damit, dass der Account-Inhaber den Zugang zu seinem Account nicht ausreichend gegen die Nutzung durch unbefugte Dritte gesichert hatte:
Es kommt jedoch eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechts- und/oder Markenrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht, weil dieser, auch wenn er die Verwendung der Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto bei eBay durch seine Ehefrau weder veranlasst noch geduldet hat, nicht hinreichend dafür gesorgt hat, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten und das Kennwort dieses Mitgliedskontos erlangte.
Benutzt ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt ist, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert hat, muss der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte.
Dieses Haftungsmodell setzt den Grundsatz fort, dass
derjenige, dem ein rechtlich geschützter Bereich zur Nutzung und gegebenenfalls auch zur Gewinnerzielung zugewiesen ist, im Rahmen seiner Verantwortlichkeit für diesen Bereich für Rechtsverletzungen haftet, wenn er pflichtwidrige Sicherungen unterlässt, die im Interesse Dritter oder der Allgemeinheit bestehen.
ANMERKUNGEN
Der BGH hat in diesem Urteil erstmals Stellung zur Verantwortlichkeit von Account-Inhabern bezogen, über deren Accounts Rechtsverletzungen begangen werden.
Praxishinweis: Bei im Rahmen des eBay-Handelns vorkommenden Rechtsverletzungen können sich Geschädigte, selbst bei unbefugter Nutzung des eBay-Accounts durch Dritte, wohl meistens zur Schadenswiedergutmachung an die Account-Inhaber halten. Vorausgesetzt ist unter anderem, dass der Account-Inhaber keine hinreichende Zugangssicherung für seinen Account vorgenommen hat (vgl. auch jurisPR-ITR 10/2009 Anm-3).
Die Rechtsprechung schafft hierdurch eine Verkehrssicherungspflicht im elektronischen Rechtsverkehr. Anders als bei einer vertraglichen Verpflichtung oder Haftung wird hier eine Haftung gegenüber jedermann begründet (vgl. jurisPR-WettbR 5/2009 Anm. 1).
Keine Ausnahme bei sozialer Nähe zu handelnden Dritten: Der Account-Inhaber konnte sich auch nicht dadurch entlasten, dass seine Lebenspartnerin, also eine nach der Lebensanschauung mit dem Account-Inhaber in engem sozialem Kontakt stehende Person, Zugriff auf die Zugangsdaten hatte. Das schafft somit für den Account-Inhaber ein gesteigertes Haftungsrisiko.