Lage der Cyberkriminalität in der EU: Neue Bedrohungen und der Aufstieg von KI gestützter Kriminalität

Lesezeit: 2 Minuten

Am 22. Juli 2024 veröffentlichte Europol die 10. Ausgabe des “Internet Organised Crime Threat Assessment (IOCTA)”. Der Bericht gibt einen tiefen Einblick in die Entwicklungen und aufkommenden Bedrohungen im Bereich der Internetkriminalität in der Europäischen Union des letzten Jahres. Die Analyse zeigt deutlich, dass Cyberkriminalität nicht nur immer weiter verbreitet ist, sondern sich in ihrer Komplexität und Gefährlichkeit erheblich weiterentwickelt hat. Besonders beunruhigend sind der steigende Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) durch Kriminelle und die gezielte Ausbeutung vulnerabler Gruppen wie Kindern und kleinen Unternehmen.

 

Zielscheibe: Kleine und mittelgroße Unternehmen

Die Untersuchungen von Europol zeigen, dass kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) zunehmend ins Visier von Cyberkriminellen geraten. Sie verfügen oft über weniger ausgefeilte Cybersicherheitsmaßnahmen, was sie zu leichten Zielen für Angriffe wie Ransomware oder Digital-Skimming-Methoden macht. Solche Angriffe zielen darauf ab, wertvolle (Kreditkarten-) Daten zu stehlen oder die Opfer durch Erpressung zur Zahlung hoher Geldsummen zu zwingen. Diese Entwicklung zeigt, dass KMUs dringend ihre Schutzmaßnahmen verstärken müssen, um sich gegen die immer raffinierteren Methoden der Angreifer zu wappnen.

 

Auch Privatpersonen unter Beschuss durch Phishing und Romance-Scams

Auch Privatpersonen bleiben von den Machenschaften der Cyberkriminellen nicht verschont. Phishing, bei dem gefälschte E-Mails oder Webseiten dazu dienen, sensible Informationen wie Passwörter oder Bankdaten zu erlangen, bleibt laut Europol mit Abstand eine der am weitesten verbreiteten Bedrohungen. Besonders perfide sind sog. Romance-Scams, bei denen Betrüger das Vertrauen ihrer Opfer online durch vorgetäuschte romantische Beziehungen gewinnen, nur um sie später finanziell auszunutzen. Diese Betrugsmethoden haben in den letzten Jahren stark zugenommen und verursachen nicht nur finanzielle, sondern auch erhebliche emotionale Schäden bei den Opfern.

 

Künstliche Intelligenz als Werkzeug der Kriminalität

Eine der alarmierendsten Entwicklungen ist die zunehmende Nutzung von Künstlicher Intelligenz durch Cyberkriminelle. Der Einsatz von KI ermöglicht es diesen, ihre Methoden zu verfeinern und neue Formen der digitalen Kriminalität zu entwickeln. Deepfakes, also täuschend echte Fälschungen von Bildern und Tonaufnahmen, sind ein solches Beispiel. Diese Technologie erlaubt es Kriminellen, Stimmen zu imitieren und beispielsweise sogenannte Schockanrufe durchzuführen, bei denen sie Familienangehörige der Opfer erpressen.

Besonders besorgniserregend ist der Einsatz von KI im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Laut dem Europol-Bericht erleichtert KI das Grooming von Minderjährigen und die Herstellung von kinderpornografischem Material, was die Strafverfolgungsbehörden vor immense Herausforderungen stellt. Die Möglichkeit, KI-gestützte Skripts für die Kommunikation mit potenziellen Opfern zu nutzen, verschärft die Problematik zusätzlich, da Täter so ihre Manipulationstechniken weiter perfektionieren können.

 

Die fragmentierte Cyberkriminalitätslandschaft

Ein weiteres zentrales Thema des Berichts ist die zunehmende Fragmentierung der Cyberkriminalität. Durch gezielte Operationen der Strafverfolgungsbehörden gegen bekannte Ransomware-Gruppen haben sich viele dieser Gruppen aufgespaltet und unter neuen Namen reorganisiert. Diese Entwicklung erschwert es den Behörden, die Strukturen der Cyberkriminellen zu durchschauen und effektiv zu bekämpfen. Auch die immer kürzer werdenden Lebenszyklen krimineller Marktplätze im Darknet und das Auftauchen neuer, weniger bekannter Plattformen tragen zur wachsenden Unübersichtlichkeit bei.

 

Ein düsterer Ausblick

Der Europol-Bericht macht deutlich, dass die Herausforderungen im Kampf gegen die Internetkriminalität nicht abnehmen werden. Im Gegenteil, die zunehmende Verbreitung und Weiterentwicklung von Technologien im Bereich der Künstlichen Intelligenz und dem Einsatz von Kryptowährungen wird Kriminellen neue Werkzeuge an die Hand geben, um ihre illegalen Aktivitäten auszuweiten. Besonders beunruhigend ist dabei die Prognose aus Den Haag, dass KI-unterstützte Kriminalität erst am Anfang steht und in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird.